4.5G: LTE Advanced Pro im Detail

LTE Advanced Pro oder auch 4.5G ist ein sehr aktuelles Thema in der Mobilfunk-Welt. Über den LTE-Nachfolger 5G wird zwar viel geredet, doch 4.5G wird von ersten Netzbetreibern bereits jetzt aktiv eingesetzt und beinhaltet schon viele Merkmale, die später auch bei 5G eine große Rolle spielen werden. Auch Vodafone und Telekom Deutschland haben schon erste Tests mit 4.5G bzw. LTE Advanced Pro durchgeführt – die Markteinführung steht kurz bevor. Was man genau unter 4.5G versteht, soll in diesem Artikel erklärt werden.

4.5G: Merkmale

Gleich zu Beginn: ob 4.5G oder LTE Advanced Pro – gemeint ist das gleiche. Es handelt sich um den Nachfolger von 4G bzw. LTE Advanced (welche wiederum Nachfolger von 3.9G bzw. LTE waren). Im weiteren Verlauf werde ich daher den Begriff 4.5G benutzen, da er einfach kompakter als LTE Advanced Pro ist.

Laut Global mobile Supplier Association (GSA) muss ein Netzwerk folgende Standards unterstützen, um offiziell als 4.5G Netz zu gelten:

Eines der folgenden Features:

  • Ultra kurze Latenzzeiten, kurz ULL (ultra-low latency)
  • Eine Erweiterung für Maschinen-Kommunikation, z.B. NarrowBand-Iot (NB-IoT) oder eMTC

Zusätzlich mindestens eines der folgenden Features:

  • 4 oder mehr gebündelte Downlink Frequenzbereiche (4CC Downlink Carrier Aggregation, CC steht hier für Component Carrier)
  • Das insgesamt mit Carrier Aggregation gebündelte Frequenzspektrum übersteigt 60 MHz
  • 2 oder mehr gebündelte Uplink Frequenzbereiche (2CC Uplink Carrier Aggregation)
  • Erweiterte MIMO Antennen-Technik (z.B. 4×4 MIMO, 8×8 MIMO, Beamforming, Massive MIMO)
  • 256QAM Modulation im Downlink
  • 64QAM Modulation im Uplink
  • License Assisted Access (LAA), also die zusätzliche Nutzung von unlizenziertem Funkspektrum, z.B. im 5 GHz Frequenzbereich
  • Vehicle-to-X Kommunikation (V2X)
  • Mission Critical Push to Talk (MCPTT)
  • Netz-Erweiterungen zur verbesserten Indoor-Positionierung

4.5G in Deutschland

Die oben aufgelisteten Features wurden von den Netzbetreibern Telekom Deutschland GmbH bzw. Vodafone GmbH teilweise bereits im Netz implementiert oder zumindest getestet, sodass man durchaus von zwei 4.5G Netzen in Deutschland sprechen kann.

Vodafone CEO Hannes Ametsreiter bei der Präsentation von 4.5G in Hannover. Bild: Vodafone

Vodafone testet derzeit NB-IoT und hat dazu ein Entwicklungszentrum ins Leben gerufen, der Einsatz ist parallel zu GSM im Frequenzbereich um 900 MHz vorgesehen (LTE Band 8). Auch die V2X Kommunikation wird bereits getestet, erst kürzlich gab es auf dem Mobile World Congress eine entsprechende Demo zusammen mit dem Netzwerk-Ausrüster Huawei. Erste Sendestandorte sollen mit 4×4 MIMO Antennen-Technik ausgerüstet sein, auch das ist ein 4.5G Feature und dürfte künftig häufiger zum Einsatz kommen. Rein theoretisch könnte Vodafone auch noch deutlich mehr Frequenzspektrum bündeln und so 4CC oder 5CC Carrier Aggregation einführen, doch bislang beschränkt sich der Anbieter auf Triple Carrier Aggregation (LTE 800 + LTE 1800 +  LTE 2600).

Die Telekom hat im Februar 2017 in 7 Ländern NB-IoT gestartet. Bild: Telekom

Die Telekom hat kürzlich den Start von NarrowBand-IoT in Deutschland und 6 weiteren Ländern bekannt gegeben. NB-IoT wird im LTE Band 8, also im 900 MHz Bereich parallel zu GSM eingesetzt, zudem soll Band 20 (800 MHz) genutzt werden. Bislang bündelt die Telekom 3 Frequenzbereiche mittels Carrier Aggregation, künftig könnte der Anbieter aber auch problemlos weitere Carrier hinzufügen, etwa Band 8 (900 MHz) oder Band 1 (2100 MHz). Eine deutliche Steigerung der Downlink-Geschwindigkeit dürfte damit schon in naher Zukunft möglich sein. Auch der Einsatz von 4×4 MIMO wird bereits an einigen Standorten getestet und im Rahmen ihrer 5G:haus Forschung arbeitet die Telekom schon lange an Maßnahmen, um die Latenzzeiten weiter zu senken. Sicherlich wird man diese ULL-Features auch im 4.5G Netz implementieren.

Was bringt 4.5G dem Endkunden?

Sehr viele 4.5G Features sind besonders für die Kommunikation mit Maschinen bzw. zwischen Maschinen interessant, z.B. NB-IoT oder ULL. Doch auch als Endkunde mit einem modernen Smartphone (ab LTE Cat11 oder neuer, z.B. Huawei P10 oder LG G6) profitiert man: da die maximal mögliche Geschwindigkeit viel höher ist als bislang üblich, steigt auch die durchschnittliche Geschwindigkeit bei der täglichen Nutzung. Der Ausbau von LTE auf weiteren Frequenzbereichen, z.B. Band 8 oder Band 1, wird an einigen Orten eine bessere Netzabdeckung ermöglichen. Insbesondere an Standorten mit einer sehr hohen Auslastung wird Massive MIMO eine deutliche Verbesserung der Durchschnitts-Geschwindigkeit für den einzelnen Nutzer mit sich bringen.

Quellen: GSA (4.5G Features), 3GPP (Logo LTE Advanced Pro)