Netgear bietet bereits seit einiger Zeit mobile LTE Hotspots in Deutschland an. Preislich liegen die Modelle zwar meist etwas über der günstigen Konkurrenz von chinesischen Herstellern, doch dafür bekommt man stets aktuelle Technik, durchdachte Hardware und interessantes Zubehör. Der neueste mobile WLAN Router von Netgear heißt AirCard 810 und bietet über LTE Advanced der Kategorie 11 Geschwindigkeiten von bis zu 600 MBit/s. Damit ist der AirCard 810 Hotspot mit Abstand der weltweit schnellste LTE Router. Im täglichen Einsatz musste der Hotspot für diesen Testbericht zeigen, ob er sein Geld wert ist.
Lieferumfang und erster Eindruck
Die Verpackung des Netgear AirCard 810 ist zumindest von außen wenig spektakulär. Auf dem kleinen Pappkarton stehen die wichtigsten Informationen wie eine Kurzbeschreibung des Geräts sowie die technischen Daten samt unterstützter LTE Frequenzbänder und Carrier Aggregation Frequenzband-Kombinationen. Der Lieferumfang selbst ist dagegen durchaus interessant: neben dem Hotspot selbst findet man ein modulares Netzteil mit EU- und UK-Netzstecker und USB Anschluss sowie den 2.930 mAh starken Akku. Ein passendes Lade- und Datenkabel liegt natürlich ebenfalls im Karton. Außerdem gibt es ein kleines MicroUSB auf USB Kabel, mit dem man die Jump-Boost Technik nutzen kann, also andere Geräte wie Smartphones mit Hilfe des Hotspots aufladen kann.
Eine Besonderheit im Lieferumfang ist das gedruckte Handbuch. Es erklärt in verschiedenen Sprachen – unter anderem auch in Deutsch – die Funktionen des Gerätes. Farbige Abbildungen verbessern das Verständnis. Dafür auf jeden Fall ein großes Lob an Netgear – die Konkurrenz legt, wenn überhaupt, ein englischsprachiges „Quick-Start-Manual“ dazu…
Der erste Eindruck vom Netgear AirCard 810 Hotspot ist durchaus gut. Die Abmessungen sind mit 112 x 69 x 15,5 mm hosentaschentauglich und das Gewicht ist mit rund 132 Gramm trotz starkem Akku recht gering. Die Akkufach-Abdeckung sitzt fest, lässt sich aber dennoch einfach öffnen und fühlt sich dank schwarz-matter Gummi-Beschichtung sehr gut an. Die durchsichtige Plastik-Abdeckung auf der Front zieht dagegen Fingerabdrücke magisch an und spiegelt recht stark. Ebenfalls einen sehr guten Eindruck macht das große Farbdisplay auf der Front, doch dazu gibt es weiter unten im Testbericht dann noch ein ausführliches Kapitel.
Seiner Zeit voraus: LTE Advanced Cat11
LTE Advanced mit bis zu 600 MBit/s im Downlink – der Netgear AirCard 810 Router ist das weltweit erste Gerät, welches solch hohe LTE Geschwindigkeiten unterstützt. Technisch gesehen handelt es sich um LTE Cat11 mit 3 Band Carrier Aggregation (3CA), d.h. für die vollen 600 MBit/s müssen drei 20 MHz breite Frequenzbereiche gebündelt werden. Allerdings reicht es nicht, dass der Netgear AC810 die Technik unterstützt, auch der jeweils genutzte Anbieter muss Carrier Aggregation in seinem Netz implementiert haben und über genügend Funkspektrum verfügen. In Deutschland soll das bei Telekom und Vodafone in der zweiten Jahreshälfte 2016 der Fall sein. Der Netgear AirCard 810 Router ist seiner Zeit also etwas voraus, was ja grundsätzlich schon mal eine tolle Sache ist.
Im Test machte das LTE Modem übrigens eine sehr gute Figur. Nachdem man die MicroSIM-Karte eingelegt hat, muss man ggfs. noch die PIN eingeben und dann verbindet sich der Router auch schon mit dem Mobilfunknetz. Zugangsdaten wie APN und Einwahlnummer müssen nicht eingegeben werden, sondern werden automatisch durch den Hotspot anhand der eingelegten SIM-Karte ausgewählt. Die Sende- und Empfangseigenschaften waren bei LTE800 und LTE1800 sehr gut, auch UMTS war sehr zufriedenstellend. LTE2600 wurde nicht getestet und GSM/2G hat Netgear aus unerfindlichen Gründen deaktiviert.
Einer der wenigen Kritikpunkte am AC810 betrifft die Anzahl der unterstützten LTE Frequenzbänder. Zwar sind alle für Europa wichtigen Bänder dabei und neben dem hier gebräuchlichen FDD-LTE wird auch TDD-LTE auf einigen Bändern unterstützt, einige für Nordamerika wichtige Frequenzbereiche fehlen allerdings, sodass sich der Netgear AirCard 810 nur bedingt für Reisen auf dem amerikanischen Kontinent eignet. Hier sollte man ggfs. vor der Reise prüfen, welche Frequenzbänder genutzt werden sollen.
WLAN mit Offload-Funktion
Netgear setzt beim WLAN-Funkmodul auf aktuelles Dualband WLAN 802.11 ac, wobei bis zu 15 Geräte gleichzeitig verbunden werden können. Standardmäßig funkt der AirCard 810 im 2,4 GHz Bereich, das 5 GHz Band kann bei Bedarf hinzugeschaltet werden. Die WLAN-Reichweite kann in den Einstellungen in drei Stufen angepasst werden, wobei eine geringere Reichweite der Akku-Laufzeit zugute kommt. Insgesamt war die WLAN Reichweite im Test – zumindest für einen mobilen Router – sehr gut. Das WLAN-Netz ist ab Werk verschlüsselt, Passwort und WLAN Namen sind auf einem Label im Akkufach abgedruckt. Auf Wunsch wird das Passwort auch im Display des Routers eingeblendet. Optional kann ein WLAN Gast-Netzwerk mit separatem Passwort eingerichtet werden, wobei auch hier die Grenze von maximal 15 gleichzeitig erlaubten Endgeräten beachtet werden muss.
Neu dabei beim Netgear AC810 ist die sogenannte „Wi-Fi Offload“ Funktion. Diese erlaubt es dem Router, anstatt der Mobilfunk-Verbindung ein WLAN-Netzwerk als Internetzugang zu nutzen. Dies spart Datenvolumen und kann in vielen Situationen sehr praktisch sein. Über das Webinterface muss man vor der Nutzung die entsprechenden WLAN-Netzwerke samt Passwort eingeben, welche der Netgear AirCard 810 als Zugang nutzen darf. Die Funktion findet man im WLAN-Menü des Routers unter dem Punkt „WLAN-Verlagerung“, wobei direkt am Gerät keine Konfiguration vorgenommen werden, sondern nur grundsätzlich die Funktion ein- und ausgeschaltet werden kann.
Sobald ein vorher eingestelltes WLAN-Netzwerk in Reichweite ist, schaltet der Hotspot künftig von Mobilfunk auf WLAN um, ohne das man als Nutzer am Endgerät davon etwas merkt.
Die WLAN Verbindung kann auf Wunsch auch komplett abgeschaltet und das Gerät als reines USB-Modem genutzt werden. Das bietet sich zum Beispiel immer dann an, wenn man einen Computer ohne WLAN-Funktion nutzen möchte. Ein Betrieb ohne eingelegten Akku – also ausschließlich mit Netzteil – ist hingegen nicht möglich.
Großer Touchscreen zur Bedienung
Den Netgear AirCard 810 Router kann man über drei verschiedene Wege bedienen bzw. konfigurieren. Die einfachste und schnellste Möglichkeit ist sicherlich das Touchscreen Display direkt auf dem Gerät, allerdings sind hier nicht alle Funktionen verfügbar. Einige besonders verschachtelte Menüs sind nur über das Webinterface in einem Browser abrufbar. Die Dritte Möglichkeit zur Bedienung ist eine App für Android- und iOS-Endgeräte. Design und Menü-Aufbau sind bei allen drei Varianten gelungen und selbst erklärend.
Der kapazitive Touchscreen auf der Front reagiert sehr flott auf Eingaben, auch kleine Schaltflächen wie etwa die Tastatur zum SMS schreiben lassen sich treffsicher bedienen. Etwas unzuverlässiger waren im Test die beiden kapazitiven Tasten für „Home“ und „zurück“ neben dem Display. Insgesamt ist der Touchscreen auf jeden Fall ein schöner Mehrwert im Vergleich zu anderen mobilen WLAN Hotspots.
Das Display schaltet sich nach wenigen Sekunden selbst aus, um Energie zu sparen. Diese Zeitspanne lässt sich im Menü festlegen. Bei ausgeschaltetem Display kann man den Verbindungs-Status anhand einer LED oberhalb des Displays ablesen, diese leuchtet je nach Betriebszustand in unterschiedlichen Farben. Auf Wunsch ist die LED aber auch abschaltbar, was zum Beispiel dann sinnvoll ist, wenn man den Hotspot in dunklen Räumen verwenden möchte.
Akku und Sonstiges
Der Akku des Netgear AirCard 810 ist 2.930 mAh stark und problemlos durch den Nutzer wechselbar. Bei Bedarf kann man einfach einen zweiten oder dritten Akku mitnehmen oder einen defekten Akku günstig ersetzen. Der Hersteller verspricht eine Betriebszeit von etwa 11 Stunden, im Test mit Internetradio-Streaming über LTE habe ich diese Laufzeit auch annähernd erreicht. Über die sogenannte Jump-Boost Funktion kann man den Akku auch zum Aufladen von anderen Endgeräten wie zum Beispiel Smartphones benutzen, das entsprechende Adapter-Kabel liegt (wie oben erwähnt) bei. Allzu viel sollte man allerdings nicht erwarten, für mehrfaches Aufladen von anderen Geräten empfiehlt sich eher die Nutzung einer richtigen „Power-Bank“.
Der Netgear AirCard 810 Hotspot bietet die Möglichkeit, eine externe LTE Antenne anzuschließen, um Sende- und Empfangsleistung und damit die Geschwindigkeit zu verbessern. Dazu stehen seitlich am Gerät zwei TS-9 Anschlüsse zur Verfügung. Mit einem passenden Pigtail (Adapter) kann man quasi jede handelsübliche Antenne anschließen. Optional gibt es von Netgear auch eine Dockingstation (Modell DC112A), welche den Hotspot mit 4x Gigabit LAN, externen WLAN-Antennen und integrierter Lade-Funktion zum perfekten Heim-Router umbaut. Leider ist die Verfügbarkeit des DC112A in Europa sehr eingeschränkt, sodass ich leider auch kein Testgerät bekommen konnte.
Verzichtet hat Netgear beim AirCard 810 mobile WLAN Router übrigens auf einen Speicherkarten-Schacht.
Fazit: der beste LTE Hotspot
Netgear bietet mir dem AirCard 810 LTE Hotspot ohne Zweifel den derzeit besten mobilen LTE Router in Europa an. Nicht nur beim Modem und der Geschwindigkeit ist der AirCard 810 der Konkurrenz weit voraus, auch das Bedienkonzept ist hervorragend. Die schon sehr umfangreiche Ausstattung der Vorgänger-Generation wurde nochmals erweitert, so ist nun auch ein WLAN-Repeater mit an Bord.
Kritik muss sich das Gerät hauptsächlich an drei Punkten gefallen lassen: GSM/2G Mobilfunk wird nicht unterstützt, die manuelle Frequenzbandwahl ist nicht möglich und ganz grundsätzlich sind die unterstützten LTE Frequenzbänder im Vergleich mit aktuellen Smartphones doch sehr mager. Insgesamt fällt das Test-Fazit aber äußerst positiv aus und der Netgear AirCard 810 LTE Hotspot bekommt eine ganz klare Kaufempfehlung!
Leider bekommt man den Netgear AirCard 810 LTE Hotspot nicht direkt bei Telekom, Vodafone oder O2 mit einem Datenvertrag, sondern muss das Modell ohne Vertrag beim Fachhändler oder im Online-Handel erwerben. Derzeit (Juli 2016) kostet das Gerät etwa 230 Euro. Preis-Leistungs-Alternative: mit dem Marktstart des Netgear AirCard 810 ist das Vorgängermodell AirCard 790 deutlich im Preis gesunken. Für etwa 100 Euro weniger bekommt man immer noch ein top ausgestattetes und sehr aktuelles Modell. Hier geht es zum Testbericht!