Seit einigen Wochen ist mit dem P9 das neue Flaggschiff-Smartphone von Huawei in Deutschland erhältlich. Das Gerät verfügt über leistungsfähige Hardware, aktuelle Software und ein sehr hochwertiges Gehäuse und steht somit in direkter Konkurrenz zu Geräten wie dem Apple iPhone 6s, dem Samsung Galaxy S7 und dem LG G5. Für das P9 hat Huawei eine Vereinbarung mit Leica geschlossen, der deutsche Hersteller zeichnet sich mit verantwortlich für die rückseitige Doppel-Linsen-Kamera. Welchen Eindruck das Huawei P9 macht und wie es sich im Vergleich zur Konkurrenz schlägt, soll dieser Testbericht zeigen.
Lieferumfang und erster Eindruck
Die Verpackung ist hochwertig und für ein Flaggschiff absolut angemessen – man kennt das Konzept eventuell schon vom Huawei Mate S oder vom Huawei Mate 8. Im Lieferumfang befindet sich neben dem Huawei P9 noch ein Daten- bzw. Lade-Kabel (USB zu USB Typ C), ein Netzteil und ein Headset. Außerdem gibt es natürlich eine Schnellstart-Anleitung, weitere Hinweise und ein kleines Metall-Tool zum öffnen des SIM-Karten Schachts.
Der erste Eindruck vom Huawei P9 ist sehr gut. Die Front wird vollständig von Glas bedeckt, lediglich das silberne Huawei-Logo unter dem Display fällt sofort auf. Das Glas ist zu den Seiten hin abgerundet, scharfe Kanten sucht man am ganzen Smartphone vergeblich. Die Seiten sowie die Rückseite bestehen aus Metall, die Oberfläche ist matt und fühlt sich sehr gut an. Ein unauffälliger Plastik-Streifen im unteren Bereich fungiert als Abdeckung für die Mobilfunk-Antenne. Insgesamt liegt das Gerät trotz seiner enormen Größe recht angenehm in der Hand.
Ich habe von Huawei das P9 in der Farbe „Titanium Grey“ als Testgerät erhalten, der Rahmen rund um das Display ist schwarz und die Rückseite grau. Als zweite Farbvariante steht „Mystic Silver“ zur Verfügung, hier ist die Front rund um das Display weiß und die Rückseite silbern. Ich persönlich finde die schwarze Version deutlich schöner, aber das muss wohl jeder für sich entscheiden.
Display und Software
Das LC-Display des Huawei P9 ist 5,2 Zoll groß und bietet eine Auflösung von 1920 x 1080 Pixeln (Full HD). Andere Hersteller bieten bei dieser Diagonale schon Quad HD Auflösungen, doch das Display des P9 hinterlässt auch so einen sehr guten Eindruck. Es ist scharf, hell und bietet eine tolle Farbdarstellung. Ein AMOLED Panel statt dem verbauten LCD wäre eventuell in Punkto Schwarzwert noch etwas besser gewesen, aber alles in allem bekommt man beim P9 ein sehr gutes Display.
Als Betriebssystem kommt beim Huawei P9 Android in Version 6.0 („Marshmallow“) zum Einsatz. Die Benutzeroberfläche weicht allerdings recht stark vom „Original-Android“ ab, denn Huawei hat – wie auch bei diversen früheren Smartphones – das sogenannte Emotion-UI vorinstalliert. Auffälligste Änderung zum Original ist sicher das Fehlen eines separaten App-Menüs („App-Drawer“), d.h. alle App-Icons sind direkt auf einem der Home-Screens zu finden. Natürlich kann man Apps aber auch in Ordnern zusammenfassen. Mir persönlich gefällt der Verzicht auf einen App-Drawer, auch sonst finde ich die EMUI Benutzeroberfläche sehr gelungen. Huawei hat viele Funktionen integriert, die andere Hersteller nicht bieten.
Das Design der Software auf dem Huawei P9 ist zwar etwas verspielt, aber detailliert und durchdacht. Huawei bietet die Möglichkeit, das Gerät mit Themes an den persönlichen Geschmack anzupassen. Vom dunklen bis hin zum knallbunten Design ist alles dabei, ein paar schlichte Themes fehlen allerdings und würden insbesondere in Deutschland sicher Freunde finden.
Bezüglich Netztechnik- und Diagnose-Software bietet das Huawei P9 leider keine interessanten Funktionen. Obwohl Huawei einer der größten Netztechnik-Ausrüster ist, fehlt ein Netmonitor oder die Möglichkeit, das Gerät auf bestimmte Netztechnologien oder gar Frequenzbereiche fest einzubuchen. Für den typischen Normal-Nutzer sind solche Funktionen natürlich völlig unnütz, aber für den Profi durchaus interessant und von einem Unternehmen wie Huawei darf man in der Richtung durchaus mehr erwarten.
Leica Dual-Kamera
Das Highlight beim Huawei P9 ist zweifelsohne die rückseitige Kamera. Oder besser gesagt die zwei Kameras, denn es gibt zwei Linsen und zwei Sensoren, also eine echte Dual-Kamera. Anders als bei anderen Flaggschiff-Smartphones sind stehen die Linsen nicht aus dem Gehäuse heraus, sondern sind mit einer Glas-Abdeckung perfekt in das Gehäuse eingepasst worden. Neben den beiden Linsen, welche nebeneinander angeordnet sind, findet man noch einen Dual-Tone LED Blitz und den Hinweis auf die Zusammenarbeit mit Leica.
Bevor ich einiges zur Bildqualität sage, möchte ich kurz noch auf die technischen Daten eingehen. Die maximale Auflösung der beiden Kamera-Sensoren liegt bei 12 Megapixel im 4:3 Format, möchte man im 16:9 Format aufnehmen, so sind nur noch 9 Megapixel möglich. Die Blende liegt bei bis zu f2.2. Das Huawei P9 kann natürlich auch Videos aufnehmen, allerdings ist man auf 1080p (Full-HD) mit 60fps beschränkt. Andere Smartphones bieten bereits seit Jahren 4K Video-Aufnahme, Huawei hat beim P9 darauf verzichtet.
Die Bildqualität der Fotos ist insgesamt sehr gut und das P9 spielt damit ohne Zweifel in der Oberklasse mit. Die Fotos sind scharf und Farben werden naturgetreu dargestellt. Auch die Auslöse-Geschwindigkeit ist sehr gut. Einen wirklichen Mehrwert habe ich durch die zwei nebeneinander angeordneten Kameras aber nicht feststellen können – die Bilder von anderen Flaggschiff-Smartphones wie etwa dem Samsung Galaxy S7 oder dem Apple iPhone 6s sind in den meisten Situationen nicht schlechter.
Die Bedienung der Kamera-Software ist nicht ganz selbst erklärend, ein Info-Fenster beim ersten Kamera-Start hilft aber bei der Orientierung. Es gibt viele Spielereien und Möglichkeiten zur Foto-Bearbeitung, etwa Filter und die Möglichkeit, nachträglich die Blende zu verstellen. Insgesamt sehr interessant, aber es ist fraglich, in wie weit man solche Features dann auch dauerhaft nutzt. Foto-Enthusiasten werden sich aber in jedem Fall über den Profi-Modus freuen, welcher diverse Einstellungen etwa bei Belichtung und Verschlusszeit zulässt.
Sonstige Technik und Performance
Als Prozessor wurde beim Huawei P9 ein HiSilicon Kirin 955 Octa-Core Chipsatz verbaut. Die Performance ist bei normaler Nutzung absolut tadellos, Anwendungen öffnen ohne merkliche Verzögerung und auch bei intensivem Multitasking sind keine Leistungseinbußen feststellbar. Auch aktuelle Spiele sollten flüssig und problemlos laufen, das wurde für diesen Testbericht allerdings nicht überprüft.
Der interne Speicher beim Huawei P9 ist 32 Gigabyte groß, eine Erweiterung per MicroSD Speicherkarte ist möglich. Der Arbeitsspeicher ist 3 GB groß, für alltägliche Nutzung und Multitasking absolut ausreichend. Natürlich hat Huawei auch wieder einen Fingerabdrucksensor auf der Rückseite des Smartphones eingebaut. Der Sensor funktioniert – wie auch schon beim Huawei Mate 8 – extrem schnell und zuverlässig, ganz so wie man es erwartet.
Das Modem im Huawei P9 unterstützt alle aktuellen Netz-Standards samt LTE Advanced Cat6 mit Geschwindigkeiten von bis zu 300 MBit/s im Downlink und bis zu 50 MBit/s im Uplink. Grundsätzlich bietet Huawei sogar eine Dual-SIM Version des P9 an, leider aber nicht in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Hierzulande bekommen wir nur die Single-SIM Variante. Der Empfang war im Test gut bis sehr gut, insbesondere LTE800 und LTE1800 konnten überzeugen. Auch die Sprachqualität war einwandfrei.
WLAN wird sowohl auf 2,4 GHz als auch auf 5 GHz unterstützt. Dies ist eine deutliche Verbesserung zum Vorgänger-Modell Huawei P8, dieses unterstützte nur 2,4 GHz WLAN und war daher für viele Nutzer unbrauchbar. Auch NFC ist nun beim P9 mit an Bord, wichtig und interessant für die Verbindung zu Kameras, mobilen Lautsprechern oder gar zum Bezahlen.
Akku
Der AKku des Huawei hat eine Kapazität von 3.000 mAh. Im Test konnte ich eine Akkulaufzeit von etwa 2 Tagen bei normaler Nutzung erreichen, was durchaus ein sehr ordentlicher Wert ist. Auch bei intensiver Nutzung dürfte ein ganzer Tag ohne Nachladen auf jeden Fall möglich sein. Leider hat Huawei auf eine kabellose Lade-Funktion verzichtet, sodass man zwingend per Kabel aufladen muss. Dank USB Typ C geht das Einstecken des Ladekabels einfach und unkompliziert, alte Micro-USB Kabel kann man aber leider nicht mehr verwenden.
Fazit
Das Huawei P9 ist ein interessantes Smartphone, welches insbesondere durch die gute Kamera, das tolle Gehäuse mit guter Verarbeitung und durch die gute Software punkten kann. Das Gerät wirkt insgesamt stimmig und ausgereift. Die Akkulaufzeit ist überzeugend und das Display macht trotz Verzicht auf eine QHD Auflösung einen sehr guten Eindruck. Das absolut perfekte Smartphone ist das Huawei P9 aber auch nicht, dazu fehlen zum Beispiel Wireless Charging, Dual-SIM oder ein abgerundetes Display wie beim Samsung Galaxy S7 edge. Dafür stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis beim P9: man kann es bereits für deutlich unter 500 Euro ohne Vertrag und ohne SIM-Lock erwerben.