Sprachdienste im LTE Netz – die Planungen der Netzbetreiber

LTE Smartphones und Tablets werden in 2012 ein ganz aktuelles Thema sein, vermutlich wird jeder namhafte Hersteller Geräte vorstellen, die den neuen Highspeed Datenstandard nutzen können. Doch während in den USA schon diverse Smartphones mit LTE käuflich zu erwerben sind, scheinen die europäischen Netzbetreiber noch wesentlich zurückhaltender zu sein. Sind die Amerikaner technisch einfach schon weiter? Um dieser Frage auf den Grund gehen zu können, muss man wissen, wo das aktuelle Problem bei der Nutzung von Smartphones in LTE-Netzen liegt: Sprachdienste sind über LTE noch nicht möglich. Das stellt ein großes Problem dar, welches natürlich auch die US-Amerikanischen Provider noch nicht aus dem Weg schaffen konnten. Doch sie bedienen sich eines „Tricks“, den auch die deutschen Netzbetreiber dieses Jahr noch in ihre LTE-Netze implementieren werden: Circuit Switched Fallback, kurz CSFB.
Doch bevor wir das CSFB samt seiner Vor- und Nachteile genauer erklären, sollte man die Grundproblematik verstehen: während die bisherigen Mobilfunktechnologien auf leitungsvermittelnden Verbindungen basieren und für paketvermittelten Datenverkehr extra Services benötigen, ist LTE ein rein IP-Basiertes Mobilfunknetz, die bisher leitungsvermittelten Voice-Services sind hier nicht mehr möglich. Im 3GPP Release 8 – sozusagen der ersten LTE Spezifikation – wird eine IP-Basierte Sprachübertragung allerdings auch noch nicht standardisiert. Das liegt daran, dass sich die Netzbetreiber bis heute noch nicht endgültig auf einen Standard geeinigt haben, über den die Sprache im LTE-Netz vermittelt werden soll. Aktuell sieht es danach aus, als würde VoLTE das Rennen machen, ein Standard, der aus dem IMS (IP Multimedia Subsystem) hervorgeht. Zumindest aus der unten stehenden Roadmap der Deutschen Telekom können wir entnehmen, dass geplant wird, ab etwa 2014 Sprache auf Basis des IMS im LTE-Netz anbieten zu können.

Telekom LTE Roadmap (Klick für Vergrößerung)

Da Telefonie direkt über das LTE-Netz also noch eine ganze Zeit brauchen wird, wollen die Betreiber in der Zwischenzeit auf das oben angesprochene Circuit Switched Fallback (CSFB) setzen. CSFB wurde von der 3GPP in der Spezifikation 23.272 standardisiert und ist im Grunde dazu da, dass das jeweilige Endgerät für Sprachdienste sowie SMS-Services auf vorhandene 2G – oder 3G Netzwerke ausweicht und das LTE-Netz nur für Datendienste nutzt. Die Implementierung von CSFB im Mobilfunknetz ist jedoch mit etwas Arbeit verbunden, da es Modifikationen im Netzwerk, insbesondere in den MSCs (Mobile-services Switching Centre, deutsch: mobile Vermittlungsstelle), erfordert. Diese Arbeiten werden nach unserer Information aktuell von allen 3 LTE-Netzbetreibern in Deutschland durchgeführt.
Doch was sind die Nachteile des Circuit Switched Fallback? Da gibt es leider eine ganze Menge: der Rufaufbau mit einem LTE-Smartphone wird über CSFB ein paar Sekunden länger dauern als über UMTS oder GSM und die Akkulaufzeit wird vermutlich etwas schlechter sein als mit einem reinen 2G/3G Telefon. Außerdem kann es zu der paradoxen Situation kommen, dass Datenverbindungen möglich sind, Telefonverbindungen aber nicht. Das liegt daran, dass die 800MHz LTE-Netze in ländlichen Regionen schon sehr gut ausgebaut sind und eine enorme Reichweite haben, manchmal gibt es daher zwar LTE, aber kein GSM oder UMTS.

Um wieder zu der Frage zurück zu kommen, warum die Netzbetreiber in den USA schon LTE-Smartphones verkaufen: hier wurden die 4G-Netzwerke scheinbar direkt mit CSFB ausgerüstet, daher ist dort der Einsatz von LTE-Smartphones auch schon problemlos möglich. So fällt ein LTE-Smartphone beim Anbieter Verizon Wireless bspw. ins CDMA-Netzwerk zurück, wenn ein Sprachanruf getätigt wird. Es gibt auch eine ganz einfache Erklärung dafür, dass die US-Amerikanischen Mobilfunkbetreiber im Vergleich so viel schneller mit der Einführung von LTE-Smartphones sind: die dortigen 3G-Netzwerke sind oftmals hoffnungslos überlastet und die Betreiber setzen alles daran, möglichst schnell möglichst viel Last auf die neuen 4G-Netzwerke zu bekommen. Diesen Druck gibt es insbesondere in Deutschland nicht, hier sind die 3G-Netzwerke viel besser ausgebaut und die Netzbetreiber lassen sich ein klein wenig mehr Zeit mit der Implementierung von CSFB und der Einführung der LTE-Smartphones.

Update 15.02.2012: Vodafone hat inzwischen das HTC Velocity 4G vorgestellt, an dem ich euch CSFB mal exemplarisch zeigen will:

Quellen: radio-electronics.com | fiercewireless.com