Touchscreentechnik im Detail

Erst kürzlich berichteten wir von einem Vergleichstest aktueller Touchscreens, in dem auch hochwertige Modelle relativ schlecht abschnitten. Die Unterschiede bei den Ergebnissen waren derartig abweichend, das man dies nicht nur auf die unterschiedlichen Qualitäten oder den Preis der Handys schieben kann. Daher haben wir ein wenig recheriert und möchten euch nun einen kleinen technischen Einblick in die Touchscreentechnik geben und erklären,warum kapazitiv nicht gleich kapazitiv ist.

***Resitiv***

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Doch fangen wir mit den resitiven Touchscreens an, welche landläufig gesagt „auf Druck“ regieren. Alleine der Begriff resitiv ist schon einmal nicht korrekt, was die meisten Menschen mit einem solchen Display verbinden ist ein analog-resitives System, welches auch eigentlich nicht auf Druck reagiert, sondern Widerstände misst. Doch fangen wir klein an:

Zunächst benötigt man ein Glassubstrat, das Trägermaterial aus welchem der Bildschirm ist, welches meist in Form von Kunstofffolien zum Einsatz kommt. Dieses Substrat, also die Grundplatte des Touchscreens wir mit Indium-Zinnoxid (Industrie Kürzel: ITO) leitfähig gemacht. Da ITO jedoch einen kleinen Widerstand bildet, kann man den Bildschirmrohling nun als Widerstand benutzten, legt man an einem Ende Spannung an und greift diese auf der anderen Seite ab. Genau dieses Prinzip macht man sich zunutze. Zunächst werden zwei dieser beschichteten Scheiben hergestellt, welche an den gegenüberliegenden Seiten Kontaktstellen haben (Zur Verdeutlichung: bei der unteren Scheibe sind die Ränder jeweils rechts und links auf der langen Seite, bei der darüberliegenden Scheibe dementsprechend auf der kurzen Seite).

Die beiden Scheiben werden nun so gedreht, dass die Innenseiten mit dem ITO auf einander zeigen. Nun wird von jeder Scheibe ein Kontakt unter Strom gesetzt, sodass der Strom von links nach rechts & von oben nach unten im Display fließt. Wird nun der Finger oder Stylus aufgesetzt, werden die beiden Scheiben verbunden und der Widerstand des Stromes verändert sich auf Grund der Berührung. Nun hat man einen 4 Draht analog-resitiven Touchschreen, welcher sogar in der Lage ist, die Druckstufe aufgrund des kleiner werdendens Widerstand zu messen. Kann man auf die Druckstufe verzichten, ist das ganze sogar nochmals um einiges einfacher, legt man den Strom einfach auf die obere Scheibe und misst  den Widerstand des Strompunktes zu jeder Seite.

Vorteil der analog-resitiven Technik ist die vielseitige Verwendung, der günstige Preis und nicht zuletzt die Möglichkeit auch mit Handschuhen oder eben einem Stift bedient werden zu können. Gleichzeitig sind sie unempfindlicher gegen Regen/Feuchtigkeit, welcher kapazitive Touchscreens mitunter stark beeinflußt.

Nachteile sind die durch die zwei Scheiben auftretenden Spiegelungen und Unschärfen, welche sich jedoch meist durch moderne Displaytechnologien ausgeglichen werden können. Weiter machen sich die mangelnde Präzision bei punktgenauen Aufgaben bemerkbar, da die zusammengedrückten Folien sich über eine „sehr große“ Auflagefläche treffen.

***Kapazitiv***


Kommen wir nun zu den neueren, „besseren“ Touchscreens, den kapazitiven Modellen. Hier muss zunächst zwischen kapazitiv-surface und kapazitiv-projected unterscheiden. Erstere stellen die Bekannteren Vertreter da, zumindest im Volksmund.

Bei kapazitiven Modellen mit der Surface Technik wird an allen 4 Ecken des Displays eine Spannung angelegt, welche über den Benutzer, besser dessen Finger oder einen speziell leitfähigen Stift, entladen wird. Mit Hilfe dieses Spannungsausgleichs lässt sich die Position zu allen vier Ecken ermitteln, was sich dann in X und Y Koordinaten umrechnen lässt. Je besser der Digitizer und der Controller sind, desto genauer ist die Positionsangabe, jedoch ist auch das Material des Displays von elementarer Bedeutung. Das Mineralglas des iPhone sorgt daher stets für bessere Werte als ein gewöhnlicher Kunststoff, was den Benchmark Sieg belegt.

Immer wichtiger wird neben der teuren Surfacetechnik die so genannten Projected-kapzitiv Technik. Hierbei setzt man zwar auch auf Trägerladungen auf dem Bildschirm, was Druck auf diesen Überflüssig macht, jedoch ist diese Technik weit aus unpräziser, bietet dem Hersteller allerdings immense Kostenvorteile.

Man arbeitet mit einer Matrix aus Quer- und Längstlinien die über den gesamten Bildschirm verlaufen. Sobald die mit Spannung geladenen Linien einen Ladungsausgleich erhalten, kann die Position ermittelt werden. Problematisch ist bei diesem Verfahren jedoch der Abstand der einzelnen Messlinien, was eine Interpolation nötig macht.Als Interpolation bezeichnet man das ungefähre Berechnen von zwischen Werten. ( Rechenbeispiel: Finger zwischen 1 und 3 = zeige Position 2). Daraus ergeben sich in der Realität jedoch mitunter starke Abweichungen, wie man an den teilweise extrem stark ausgeprägten Wellenlinen im Test sehen konnte.

Vorteile Kapazitiv (beide Techniken): Hohe Genauigkeit, kein Verschleiß am Display, „Finger-only“ Bedienung möglich

Nachteile Kapazitiv (beide Techniken): Hohe Kosten, großer Controlleraufwand -> Stromverbrauch, empfindlich gegenüber Feuchtigkeit wie Regen, nicht überall einsetzbar mangels Handschuhbedienung.

***Multitouch***

Multitouch: Glaubt man den weit verbreiteten Meinungen, so ist Multitouch nur auf Kapazitiven System möglich. Faktisch ist dies jedoch falsch, auch resitive Systeme sind in der Lage 2 Koordinaten zu messen und zu verfolgen. Problematisch ist hier einzig der notwendige Druck, welche es schwierig macht, das Display an zwei Stellen einzudrücken und dann eine Geste zu formen. Betrachtet man die kapazitiv-projected Technik, so ist hier ein Mulitouchsystem sogar noch schwieriger zu realisieren als auf einem resitiven Bildschirm, da hier die beiden Koordinaten nur durch eine hohe Anzahl aus Matrixabfragen geformt werden können. Die Frage warum nicht alle Handys und Smartphones mit Multitouch ausgerüstet werden ist beinahe überflüssig: Es ist eine reine Marketing Sache und natürlich eine Preisfrage, kostet ein Multitouch Controller mehr als einer, der diese Fähigkeit nicht beherrscht.

Fazit:

Aus diesen Gründen ist es zu einfach Handys nur zwischen resitiv und kapazitiv zu unterscheiden, zu groß sind die Unterschiede. Am besten sollte man die Geräte vor Ort mit einer Zeichen-App testen, um zu sehen, wie gerade diagonale Linien laufen, da diese am ehesten Auskunft über die Präzision der verbauten Technik bieten. Je gerader die Linien verlaufen, umso besser ist die verbaute Technik.

Bildquellen: 1. Bild, 2.Bild

Quellen: Elektronic-Praxis(Ausgabe April 2010, Seite 62),Wikipedia