Vorbei sind die Zeiten, als Symbian das Betriebssystem der Wahl war, als fast ausschließlich für diese Plattform entwickelt wurde. Die Katastrophe bahnte sich schon mit der Vorstellung des iPhone im Jahr 2007 an, als die eher schwache Hardware von den Finnen nur ein müdes Lächeln erntete. Das iPhone konnte wahrlich nicht mit starker Hardware punkten, war es mit einem auf 412MHz gedrosseltem Prozessor und 128MB RAM nicht wirklich wettbewerbsfähig. Das Killerargument war in diesem Fall nicht die gute Hardware, sondern eine auf das Gerät optimierte Software, die die Hardware darunter völlig verschwinden ließ.
Nokia reagierte Ende 2008 mit dem Xpress Music 5800, der als direkter iPhone Gegner gedacht war. Die Software entsprach aber weitestgehend dem alten S60 und wurde nur schlampig auf den zudem schlechten resistiven Touchbildschirm angepasst. Zwar reifte die Software über einige Versionen, sodass die Geräte brauchbarer und ihre Bedienung einfacher wurde, an die des iPhone kommen die alten Symbiansmartphones aber immer noch nicht heran. Leider brauchte man bei Nokia bis Anfang diesen 2010, also volle zwei Jahre, um sich von den druckempfindlichen Touchscreens zu trennen, sodass wenigstens Bildschirmtechnisch gesehen wieder Gleichstand herrscht. Nach der andauernden Krise durch die immer weiter steigenden Absatzzahlen des iPhone und das Heranwachsen der Androidplattform verbesserte dies die Situation von Nokia auch nicht gerade. Anfang 2010 holte man dann zum letzten Rundumschlag aus, und stellte mit der Symbian Foundation, in der schon im Jahr zuvor gigantische 200 Millionen Euro versenkt hatte, Symbian 3 vor.
Symbian^3 sollte anders werden, sollte die Fehler der Vergangenheit ausräumen und Nokia wieder zu alter Stärke zurückführen. Nicht nur die Kunden hatte große Ansprüche an diese neue Plattform und wurden zutiefst enttäuscht, als nach einem kurzem Ausflug über Maemo (wir berichteten) das erste Symbian^3 Gerät erhältlich war. Das Nokia N8 konnte zu Zeitpunkt der Verfügbarkeit weder in Sachen Hardware noch bei der neuen Software Akzente setzten, und ging mehr und mehr in den immer größeren Geräteflotten von Apple und HTC unter. Soviel vom Anfang der Katastrophe bis heute, doch was versetzt Symbian nun den Todesstoß?
Wie Nokia heute bekannt gegeben hat, werden sämtliche Entwicklungen, Service und Pflege der Symbian Plattform an den weltweiten Dienstleister Accenture outgescoured. Davon betroffen sind insgesamt 3000 Entwickler in allen Teilen der Welt, von Finnland bis nach China. Hinter dieser Aktion stehen wahrscheinlich arge Finanzprobleme und die sinkende Akzeptanz der Symbianplattform, die nicht mehr haltbar waren. Diese erneute Umstrukturierung hinterlässt bei uns die berechtigte Frage, was eben diese 3000 Entwickler in den letzten Jahren gemacht haben, außer Krisengespräche zu führen. Wahrscheinlich nicht sehr viel, wenn man betrachtet, wie viele erstklassige 1-Mann Projekte und Kleinstunternehmen sich derzeit in den Topcharts der Appstores mit ihren Apps und Games befinden. Oder um gleich noch Google mit auf die Schippe zu nehmen, denen das engagierteProjekt Cyanogenmod ständig aufs neue beweist, wie viel man mit sehr wenigen Personen erreichen kann, wenn genug Herzblut in die Sache fließt. Besonders traurig sieht es bei Symbian mit dem Nachschub an neuen Anwendungen, neudeutsch „Apps“ aus. So ergab eine Studie der Entwicklungsumgebung Appcelerator, das nur 13% aller Entwickler im Herbst 2010 noch für Symbian entwickelten. Heute, also im April 2011, kaum ein halbes Jahr später, sind es nur noch magere 7%. Das der sinkende Kahn nicht mehr aufgehalten werden kann scheint nun (endlich) festzustehen, viel früher hätte man es Motorola gleich tun müssen und sich mit guten Geräten auf Android Basis eine neue Existenz aufbauen sollen. Stattdessen, also statt auf mittlerweile bewährtes zu setzten, gleicht die neuste Aktion der Finnen einem Himmelfahrtskommando: Windows Phone 7 soll richten, was man bei Nokia versäumt hat. Leider ist die neue Windows Plattform aufgrund viel zu strenger Vorgaben noch immer nicht richtig in Fahrt gekommen und die Geräte liegen wie Blei in den Regalen der Händler – wer ein Hardwareschnäppchen machen möchte, der sollte beim HTC HD7 zugreifen, dessen Preis seit Marktstart vor 6 Monaten um mehr als die Hälfte gefallen ist.
Der Abstieg Nokias bis zum heutigen Tage verfolgen wir einerseits mit großem Interessen an neuen Herstellern wie Apple, HTC oder Samsung, die sich nach und nach am Markt etablieren. Andererseits ist es traurig anzusehen, wie der größte Handy und Smartphonehersteller schrittweise zu Grunde gerichtet wird – dem grandiosen Management und der viel zu konservativen Firmenpolitik sei Dank. So hat bestimmt jeder Handynutzer schon einmal ein Nokia besessen, oder die beste App der Welt gespielt: Snake. Ohne 3D, ohne Schnick-Schnack, und am besten in Schwarz-Weiß. Hoffentlich überwindet Nokia die nunmehr 4 Jahre dauernde Krise und kann sich wieder aufrichten, um neue High End Geräte auf den Markt zu bringen und den neuen Herstellern zeigen, dass man mit Geld noch lange keine Erfahrung kaufen kann.
Quelle: TechConnect Magazine