Vodafone sieht LTE nicht mehr als DSL-Ersatz

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Bei Vodafone vollzieht sich gerade ein Strategie-Wechsel. Noch vor wenigen Monaten wurde geplant, mit LTE künftig auf das Festnetz verzichten zu können, ja gar das Festnetz komplett durch Mobilfunk ersetzen zu können. Doch davon ist heute keine Rede mehr: der Kauf von Kabel-Deutschland ist in trockenen Tüchern und der Vectoring-Deal mit der Deutschen Telekom steht ebenfalls, sodass schon in Kürze neue Angebote im Festnetz-Bereich von Vodafone zu erwarten sind. Doch wie kommt es zu dem Strategie-Wechsel? Hat Vodafone die LTE-Technik schlicht überschätzt?

Unterschiedliche Sichtweisen der CEOs
Ginge es nach dem früheren Vodafone CEO Friedrich Joussen, so würden DSL und Kabel schon in wenigen Jahren aussterben. Vor rund zwei Jahren sagte Joussen laut Handelsblatt:

„Das DSL-Geschäft bekommt mit LTE einen leistungsfähigeren und gleichzeitig mobilen Ersatz“

Der Grund für diesen Gedankengang war damals wie heute nachvollziehbar: jedes Jahr zahlt Vodafone eine stolze Summe an die Deutsche Telekom, um Leitungen für DSL anzumieten („Letzte Meile“). Der Mobilfunk, insbesondere LTE, sind dagegen deutlich profitabler. Klar, dass angesichts der tollen Spitzen-Geschwindigkeiten von LTE schnell der Gedanke aufkommt, dass man das schwächelnde DSL-Geschäft einfach durch LTE ersetzen könnte. Doch was Joussen im Jahre 2011 scheinbar nicht bedacht hat: der Datenverkehr im Mobilfunk explodiert derzeit nahezu, selbst die hoch performanten LTE-Netze sind teilweise schon so stark ausgelastet, dass mit weiteren Basisstationen oder LTE2600 verdichtet werden muss.

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Angesichts der extrem steigenden Datenmengen und der aktuell vorhandenen Probleme im 2G- und 3G-Netz scheint der Nachfolger von Friedrich Joussen und derzeitige Vodafone Deutschland CEO Jens Schulte-Bockum eine andere Strategie zu fahren. Er sagte nun in einem Informations-Heft zur laufenden Netzmodernisierung unmissverständlich:

„Das Festnetz, das früher zu großen Teilen von LTE ersetzt werden sollte, werten wir massiv auf“

Festnetz gewinnt wieder an Bedeutung
Laut Schulte-Bockum erlebt das Festnetz bei Vodafone gerade eine Renaissance. Mit der Übernahme von Kabel-Deutschland wird der Anbieter in den meisten Großstädten sehr schnelle Datenverbindungen mit mehreren hundert Megabit pro Sekunde über das TV-Kabel anbieten können, in vielen anderen Gebieten sind zukünftig über VDSL2-Vectoring bis zu 100 MBit/s möglich. Damit hat Vodafone nun erstmals die Chance, der Deutschen Telekom im Festnetz-Geschäft wirklich Konkurrenz zu machen. Zudem besteht die Möglichkeit, das Funknetz zu entlasten bzw. passend mit Kabel-Verbindungen zu ergänzen.

LTE flächendeckend bis 2015
Doch was bedeutet die „Renaissance des Festnetzes“ nun für den schnellen Funkstandard LTE, der von Friedrich Joussen noch so gelobt wurde? Laut Schulte-Bockum hält man hier an dem Ziel fest, bis zum Jahre 2015 LTE in ganz Deutschland ausgebaut zu haben. Gleichzeitig soll das komplette Netz bis zu diesem Zeitpunkt All-IP-fähig sein. Auch wenn DSL künftig nicht mehr durch LTE ersetzt werden soll, so können Vodafone-Kunden auf eine sehr gute, mit GSM vergleichbare Funkversorgung hoffen.

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Vodafone schätzt, dass bis zum Jahre 2020 rund 5% der Kunden LTE bzw. UMTS als Ersatz für einen konventionellen Festnetzanschluss nutzen werden, bei aktuell 32 Millionen Kunden wären das rund 1,6 Millionen Nutzer. LTE als DSL-Ersatz ist also nicht generell vom Tisch, im Gegenteil: in vielen Gebieten in Deutschland ist LTE zumindest mittelfristig weiterhin die einzige Möglichkeit, einen breitbandigen Internetzugang zu bekommen, auch wenn dieser zumindest für Intensivnutzer im Vergleich zu anderen Anschlussarten mit Einschränkungen beim Datenvolumen verbunden ist.

Das Vodafone Informationsheft zur Netzmodernisierung mit vielen interessanten Fakten und Interviews könnt ihr euch hier als PDF herunterladen.